In der prächtigen Staatsoper unter den Linden in Berlin habe ich gestern die Inszenierung von „Giselle“ gesehen. Das Staatsballett Berlin überzeugt wieder einmal in Perfektion und setzt die Choreographie und Inszenierung von Patrice Bart nach Coralli und Perrot übrzeugend um. Die Musik stammt von von Adolphe Adam.
Bei der Inszenierung von „Giselle“ handelt es sich um ein tragisches Liebesdrama. Im ersten Akt führen uns die Tänzer durch die Liebesgeschichte von Giselle und Loys. Loys, der eigentlich der Herzog von Schlesien ist und Albrecht heißt, spielt dem hübschen Dorfmädchen Giselle vor, er heiße Loys. Obwohl Giselle anfänglich große Zweifel an Loys‘ Liebe plagen, schafft es Loys diese auszuräumen, indem er ihr ewige Treue schwört. Es geht sogar so weit, dass Giselle schon glaubt die Verlobte von Loys zu sein. Einzig allein der Wildhüter Hilarion, der ebenfalls starke Gefühle für Giselle hegt, glaubt Loys nicht und vermutet in ihm den vornehmen Herrn, der er auch ist.
Das traurige Schicksal nimmt seinen Lauf, als bei einem Fest die reiche Ernte gefeiert wird. Giselles Mutter ist hier schon in Sorge um die Gesundheit ihrer Tochter und möchte ihre Tanzleidenschaft bremsen. Die Mutter befürchtet, dass Giselle der Fluch der Wilis ereilen könnte. Die Wilis sind junge Frauen, die vor ihrer Hochzeit verstorben sind und von nun an dazu verdammt sind allnächtlich bis zum Morgengrauen zu tanzen und Männer, die dabei ihren Weg kreuzen in ihr Verderben zu stürzen, in dem sie so lange mit ihnen tanzen, bis diese vor Erschöpfung niederfallen. Doch Giselle gibt nichts auf die Warnungen ihrer Mutter, tanzt fröhlich weiter mit Loys und wird sogar zur Weinkönigin gekührt.
Doch die Vorahnung der Mutter soll sich leider bewahrheiten, als die Jagdgesellschaft des Prinzen von Kurland vor Giselles Haus Rast macht, um sich dort zu erfrischen. Denn mit dem Prinz begegnet Giselle auch seiner Tochter, der Prinzessin Bathilde, die mit dem Herzog Albrecht, also keinem geringeren als Loys, verlobt ist. Hilarion ist es, der ihn an diesem Punkt entlarvt, denn er hat das Wappen auf dessen Degen erkannt. Giselle begreift den Betrug und ihr Unglück und verliert darüber den Verstand und überlebt das Fest nicht.
Im zweiten Akt werden wir Zeuge von Giselles tragischem Schicksal, denn sie ist eine der Wilis geworden.
Hilarion trauert sehr um Giselle und sucht ihr Grab auf, doch als es Mitternacht schlägt, fliehen sogar die Wildhüter aus dem Wald, in dem sie sich zuvor noch mit Spielen die Zeit vertrieben hatten.
Die Flucht wird durch etwas merklich Unerklärliches ausgelöst, dass wie weiße Schatten im Wald zu erkennen ist. Es sind die Wilis, die Seelen der von einem untreuen Liebhaber im Stich gelassenen Mädchen. Sie rächen sich an den Männern, indem sie sie des Nachts in die Finsternis locken, um sie zu Tode zu tanzen. Doch in dieser Nacht geschieht noch etwas anderes. Die Wilis versammeln sich auf Geheiß ihrer Königin Myrtha, um eine neue Gefährtin in ihre Gemeinschaft aufzunehmen: Giselle erscheint in ihrem Schleier.
Als Albert ebenfalls in den Wald geht, um Blumen für Giselle niederzulegen, nimmt er das weiße Abbild der Geliebten wahr. Er versucht wie von Sinnen die schwebende Geistergestalt fassen, aber sie entkommt ihm immer wieder und er versucht ihr um jeden Preis zu folgen. Als Hilarion zurückkehrt, um nachzusehen, was gerade geschieht, wird er das erste Opfer der Wilis in dieser Nacht und Albrecht soll nun das gleiche Schicksal ereilen. Doch Giselle fleht Myrtha und die anderen Wilis an, Milde walten zu lassen, sie bleiben jedoch unerbittlich: Albrecht ist bis zur Erschöpfung zum Tanzen verurteilt. Doch dann passiert etwas magisches, Giselles Liebe schützt ihn und verzweifelt tanzen sie gemeinsam und sind für einen Augenblick vereint. Bald schon müssen die Wilis vor dem Morgengrauen fliehen. Auch Giselle verschwindet, und Albrecht kehrt ins Leben zurück.
Das Staatsballett tanzt die Inzenierung wieder einmal mit einer Perfektion und Anmut, die ihresgleichen sucht. Abgerundet wird das Erlebnis durch die großartige Kulisse, die dem Zuschauer das Gefühl gibt, sich mitten in der Dorf- bzw. Waldkulisse zu befinden. Ich freue mich schon jetzt auf die nächste Inzenierung vom Staatsballett Berlin, denn bald feiert die Inszenierung „Romeo und Julia“ Premiere in der Staatsoper unter den Linden.
„Giselle“ kann noch am 06.April besucht werden.
(Beitragsbild: (c) Yan Revazov)